Immersive Lernplattform Thüringen (ILT)

Das Forschungsprojekt ist ein Kooperationsprojekt der FH Erfurt & der TU Ilmenau.

Im Rahmen des Projekts Immersive Lernplattform Thüringen (ILT) werden im Allgemeinen immersive Umgebungen auf Basis der Social Virtual Reality-Plattform Mozilla Hubs für verschiedene Lern- & Lehrformate konzipiert, entwickelt & praktisch erprobt. Hierbei werden gemäß dem User-Centered-Design-Ansatz potentielle Nutzer (Lehrende & Lernende) mit einbezogen. Die entwickelten virtuellen 3D-Interaktions-umgebungen können mit oder ohne VR-Brille genutzt werden.

Im Speziellen werden im Projekt ILT von den beiden Hochschulen (Professur für Digital Medien & Gestaltung der FH Erfurt sowie dem Fachgebiet Virtuelle Welten & Digitale Spiele der TU Ilmenau) kooperative Lehrveranstaltungen in Social Virtual Reality (kurz: Social VR) entwickelt & durchgeführt. Es wird der Einsatz von Social VR für moderne Lehr-/Lernformate sowie die hochschulübergreifende Kooperation & Kollaboration zwischen Lehrenden & Lernenden euriert. Das zentrale Ziel des Projekts ist es, Erfahrungen & Good Practices für kooperative Social VR-Lehrveranstaltungen zu sammeln bzw. zu erarbeiten, die von mehreren Hochschulen gemeinsam durchgeführt werden können. Außerdem soll ILT Impulse für Lehrende aller (Thüringer) Hochschulen zur Nutzung & Gestaltung immersiver Lernwelten bieten. Die Projektergebnisse werden in einem Workshop mit dem Demonstrationssystem praktisch erlebbar gezeigt & in einer Abschlussdokumentation sowie einem Handlungsleitfaden zur Verfügung gestellt.

Hintergrund des Projekts ist, dass bisheriger Distanzunterricht, z.B. über Videokonferenzen ermüdend ist bzw. als körperlich belastend empfunden wird („Zoom-Fatique“ - vgl. Bailenson, 2021). Zudem gehen soziale Aspekte verloren (z.B. kein direktes Kennenlernen der Kommiliton*innen & Teammitglieder), Dialoge finden nur eingeschränkt statt & Zuhörende sind übermäßig passiv. Darüber hinaus beinhalten viele Lehrinhalte bzw. Lernformen – insbes. in den Ingenieur- & Naturwissenschaften – komplexe Inhalte, die sich mit Hilfe von Texten, Abbildungen & Videos nur unzureichend darstellen lassen, da sie selbst ausprobiert oder erlebt bzw. erfahren werden müssen (insbes. Laborexperimente).

Social VR stellt in der Lehre ein innovatives Werkzeug dar, das zur didaktischen Bereicherung des Lernens, insbes. in virtuellen Formaten beiträgt. Lehrende & Lernende können sich in Social VR-Anwendungen trotz Distanz in einem gemeinsamen Raum treffen. Dabei sehen sie sich als steuerbare interaktive 3D-Repräsentationen (Avatare) in einem 3D-Raum (vgl. Abbildung …). In dem Raum können nicht nur Sachverhalte – ähnlich wie in der realen Welt – veranschaulicht & erlernt werden, sondern auch mit der virtuellen Welt interaktiv interagiert, Objekte manipuliert sowie Kompetenzen erworben werden. Darüber hinaus kann sich ausgetauscht, unterstützt sowie kritisch reflektiert werden (vgl. Bitkom, 2020). Social VR-Anwendungen sind besonders schwellenfrei einsetzbar & breit zugänglich, denn sie können ohne Software-Installation im Browser am Desktop-PC, mit dem Tablet oder Smartphone genutzt werden sowie alternativ mit VR-Brille, was den Effekt des Gefühls des Zusammenseins (Co-Präsenz) weiter verstärkt.   

Generell haben Social VR-Anwendungen ein großes Potenzial für die Hochschullehre (vgl. diLanzo, 2020). Sie bieten Lösungen für aufgeführte Probleme sowie das Potential für hochschulübergreifende Kollaborationen von Lehrenden & Lernenden. Dies wurde jedoch bisher kaum angewandt & evaluiert. Derartige virtuelle Begegnungs-, Kommunikations-, Lehr- & Lernumgebungen können zur flexiblen Nutzung durch mehrere Fakultäten, Lehrende & Studierende eingesetzt werden, um vielfältige Formate, wie z.B. Seminare, Präsentationen, Vorträge, Ausstellungen, Messen, Barcamps usw. durchzuführen.

Im Projekt ILT wurden für die kooperativen Lehrveranstaltungen der beiden Hochschulen im Wintersemester 2021/2022 sowie im Sommersemester 2022 Lehrveranstaltungen gewählt, die einen Austausch zwischen den jeweiligen Studierenden ermöglichen. Im WiSe 2021/2022 fanden zwei Events statt, zu denen Studententeams die von ihnen im Rahmen der jeweiligen Game Development Kurse erstellten Games präsentierten: 1. Christmas Event (Zwischenpräsentation) & 2. Student Game Development Conference 2022 (Endpräsentation). Die Studenten hatten beim Erstgenannten jeweils einen Teil eines Raums zur Verfügung, den sie nach ihrem Ermessen gestalten konnten & beim 2. Event einen eigenen Raum.

Im derzeitigen Sommersemester 2022 sollen Studierende der beiden Hochschulen virtuelle Räume konzipieren sowie umsetzen, die über ein bestimmtes Thema informieren sowie von mehreren Personen gleichzeitig genutzt und erlebt werden können.

Die Ergebnisse bisheriger Evaluationen zeigen, dass das Gesamtkonzept des Projekts ILT auf positive Resonanz stößt und die virtuellen 3D-Umgebungen bzw. Räume positiv wahrgenommen und erlebt werden. Der generelle Umgang mit der Social VR-Plattform Mozilla Hubs ist eher einfach und kann in kurzer Zeit erlernt werden. Das Präsenzerleben war durch die sozialen Interaktionen in virtuellen Räumen erhöht. Die Kommunikation in Social VR ist motivierender als in Videokonferenzen, sie ist allerdings beeinträchtigt, da sich die Nutzer unter normalen Umständen nur als Avatare sehen und deren Mimik sowie Gestik fehlen – außer Nutzer erstellen eine Übertragung ihrer Webcam, wodurch sie sich selbst sowie andere auf einem kleinen Bildschirm sehen können. Positiv war die Möglichkeit der eigenen Gestaltung von Präsentationsräumen sowie die Kommunikations- & Reaktionsmöglichkeiten (Sprache, Chat, Emoticons).

Problematisch in Bezug auf die Nutzung der web-basierten Social VR-Plattform Mozilla Hubs sind vor allem einige technische Aspekte – dies betrifft insbesondere die Gesamtperformance (lässt ab 25 Personen im Raum nach) und Teilnehmerzahl, Audio (Qualität generell, Sprecher schlecht zu verstehen, Kratzen) sowie Verbindungsprobleme. Daneben war das Erstellen virtueller Räume sowie das Einpflegen von Objekten in einen virtuellen Raum eher umständlich & schwierig sowie nicht/wenig intuitiv. Somit sind hinsichtlich dieser Aspekte einige Fragen offen. Daneben ist fraglich, ob Studierende durch das verbesserte Erleben von Immersion & Presence aktiviert werden können, da sie generell eher passiv an Veranstaltungen teilnehmen & sich kaum zu Wort melden.